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AutorenbildWerner Braun

Auf der Suche nach Stabilität

Aktualisiert: 6. Mai 2020


Wie reflektiere und nutze ich die Stärken und Fähigkeiten, die in dieser Zeit zum Vorschein kommen?

Tonnen von Papier wurden sicher schon bedruckt um sich mit einem Thema auseinander zu setzten, das insbesondere auch die berufliche Welt beschäftigt.

„Change-Management“ - wie führe ich Teams, mein Unternehmen und mich selbst durch Zeiten von Veränderung und Unsicherheit?

Der „richtige“ Umgang mit Veränderung und vor allem die Frage: „wie bewegen wir die Menschen mitzumachen, mitzuziehen?“ war essentieller Teil auch meines Managements und meiner Führungsaufgaben.

Für viele von uns waren schon die vergangenen Jahre stark von Veränderungen geprägt: Globalisierung, Digitalisierung, Klimawandel - aber auch durch persönliche Themen wie Resillienz, gesundes Leben und Suche nach Glück, um nur einige zu nennen.


Und nun werden wir von jetzt auf gleich ausgebremst durch einen Virus. Plötzlich ist alles anders. Veränderungen werden erschreckend reell und existenziell bedrohlich, werden gar gesetzlich angeordnet.


Die Menschen reagieren aus meiner Beobachtung, wie sie es schon in allen von mir erlebten Krisen- und Change-Phasen taten: sie bewegen sich in ihrem Verhalten entlang der Veränderungskurve (s. Abb. 1)



Abb. 1

Meiner Einschätzung nach befindet sich die Gesellschaft auf dem Weg entlang dieser Kurve aktuell zwischen Phase 3. („Einsicht“) und 4. („Akzeptanz“). Teilweise, wie in Fragen der Hygienestandards schon in Phase 5. („Ausprobieren“) bis 6. („Erkenntnisse“).

Deutlich zeigt sich das für mich an der zunehmenden Zahl von Menschen, die in der Öffentlichkeit Masken tragen und Abstand wahren. Eine für alle wahrnehmbare, kollektive Verhaltensveränderung.

Die aktuelle Diskussion rund um Lockerungen zeigt aber auch wie schwer es uns fällt, „neues“ Verhalten konsequent durchzuhalten.

Es ist nun mal ein längerer Prozess bis sich neues Verhalten eingeschliffen hat. Fast jeder kennt das Beispiel von der ersten Fahrstunde und dem irgendwann vollkommen unbewussten Steuern eines Fahrzeuges (manche können dabei sogar unfassbare Dinge am Smartphone tun!).


Gerade wenn es um eine sehr bedrohliche Situation wie die aktuelle Corona Krise geht, ist es sehr schwer rasch zu neuen Verhaltensweisen zu gelangen. Das liegt sicher auch an dem natürlichen Reflex, sich den alten, „sicheren“ Zustand permanent herbeizusehnen. Dieser Wunsch nach gewohnter Stabilität verhindert, dass wir Neues ausprobieren.


Wir nehmen Stück für Stück wahr, wie plötzlich Einschränkungen und Begrenzungen unser Leben essentiell beeinflussen. Von Dingen, die bisher selbstverständlich waren, müssen wir im wahrsten Sinne des Wortes Abstand halten.

Wir werden in eine neue Erfahrungswelt geschickt. Genauso wie unser Körper noch keine Erfahrung in der Begegnung mit diesem Virus hat, fehlt uns die Erfahrung im Umgang mit dieser Pandemie.

Deshalb durchlaufen wir in diesem Prozess die Veränderungskurve mehrfach.

Aber werfen wir den Blick zurück auf die Generationen vor uns, während und nach den Kriegsjahren des letzten Jahrhunderts:

Gerade diese Generation musste existenzielle Bedrohungen durchleben und sie hat Wege gefunden, dies zu meistern.

Können wir heute noch aus deren Erfahrungen Stabilität ziehen? Können wir uns dieser Erfahrung vielleicht sogar anschließen?

Ich glaube schon, dass man aus den positiven Erfahrungen vergangener Generationen lernen kann. Zu wissen, dass Menschen vor uns durch radikale Veränderungsphasen gekommen sind, kann mir durchaus Stabilität geben.


Klar ist, dass derjenige, der schnellere Anpassungsfähigkeiten entwickelt, größere Überlebenschancen hat. Klassisches Naturgesetz der Evolution.

Es ist ein radikaler Test unserer Anpassungsfähigkeit. Er fordert uns in der Breite, alle.


Dringend notwendige Zuversicht, um aus der Krise gut und vielleicht sogar gestärkt herauszukommen entsteht meines Erachtens durch eine klare Fokussierung auf Stärken und Fähigkeiten.

Selbstreflexion wird eine Anpassungsleistung und Stärkung der inneren Stabilität bringen.


Wie kommen wir aber in diese notwendige Reflexionsphase? Wie kommen wir aus dem Schlachtgetümmel unserer Emotionen hoch auf den Feldherrnhügel um das Geschehen mit nötigem Abstand zu betrachten?


Eine Möglichkeit den Perspektivenwechsel aus einer gefühlten Ohnmacht hin zu einem klaren „ich-kann-was tun-Empfinden“ zu schaffen, liegt darin den Blick auf die Dinge zu fokussieren die ich im Moment gestalten und selbst beeinflussen kann.


Dazu betrachten wir 4 Perspektiven: Unternehmen (oder mein Verantwortungsbereich) , Mitarbeiter (oder mein Team) , ich selbst und die Generation vor mir (Geschichte).


Schreiben Sie sich ihre Antworten auf folgende -exemplarische- Fragen auf:


  1. Unternehmen: - Was hat uns erfolgreich gemacht? - In welchen Handlungen waren wir vor den Mitbewerbern? - Was schätzen unsere Kunden an uns? - Wie stehe ich momentan in Kontakt zu meinen Kunden und was brauchen diese? - Wie können meine Kunden und Lieferanten sowie Geschäftspartner mir helfen? - Wie kann ich meinen Kunden, Lieferanten sowie Geschäftspartnern nun helfen? - Worauf können wir stolz sein? - Was sind bisher unsere herausragenden Merkmale am Markt gewesen? - Weshalb werden unsere Kunden wiederkommen? ……

  2. Mitarbeiter: - Was haben die Mitarbeiter während der letzten Wochen Positives unternommen? - Welche Eigeninitiativen wurden gestartet? - Wie haben sie sich selbst organisiert? z.B. Videokonferenzen? - Wie haben sie Eigenverantwortung übernommen und woran erkenne ich das? - Worauf sind die Mitarbeiter stolz? - Welche Einschränkungen nehmen sie für die Firma in Kauf? - Was habe ich Positives über die Firma gehört? ……..

  3. Ich selbst: - Was sind meine Stärken und Fähigkeiten die mich zu dem gemacht haben, der ich heute bin? - Was schätzen meine Mitarbeiter, meine Kunden, meine Partner an mir? - Wie habe ich bisherige Krisen gemeistert - was genau habe ich dazu beigetragen? - Worauf konnte ich mich in Bezug auf meine Handlungen immer verlassen? - Was kann ich wirklich gut? - Was will ich in Zukunft mit meinen Fähigkeiten tun? Worauf werde ich verzichten - Wofür wurde ich in den letzten Tagen in dieser Ausnahmesituation gelobt? - Was finde ich trotz aller Probleme gut an dieser Lage? - Was hat es mir Positives beschert? - Wie werde ich mich belohnen, wenn ich die Krise überwunden habe? ……..

  4. aus der Geschichte: (und wie ist sie ausgegangen) - Welche Erinnerungen habe ich an Erzählungen meiner Eltern / Großeltern? - Was sind Familiengeschichten die zeigen wie die Herausforderungen von damals gemeistert wurden? - Welches Verhalten hat sie aus dieser Zeit geprägt? - Was kann ich bewundern? - Was erstaunt mich am meisten? - Wie positiv ist der geschichtliche Verlauf für mich und meine Familie? - Welches besonders schwieriges Ereignis ist mir berichtet worden? - Wie mag sich die Generation vor mir gefühlt haben? - Was sind die größten Errungenschaften seit dieser Zeit für uns / für mich? …………

Aus dieser Reflexionsübung werden positive und zuversichtliche Erkenntnisse zur Stärkung der inneren Stabilität entstehen.

Normalität können wir nicht herstellen. Aber es gibt Elemente, die uns stabilisieren - sie geben uns die notwendige Zuversicht in Zeiten wie dieser, geprägt von hoher Unsicherheit und Veränderung. So können wir diese meistern, vielleicht sogar gestärkt daraus hervorgehen.

Die Suche nach Stabilität beginnt also in uns selbst.


Werner Braun

April 2020

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